PositionenPositionen des ÖJV Hessen – des Ökologischen Jagdvereins in Hessen

Tierschutz statt Weidgerechtigkeit

Fasan / Copyright ÖJV

Unsere jagdliche Ethik ergibt sich allein aus dem Tierschutzgesetz, das untersagt, einem Tier unnötige Schmerzen zuzufügen. Überkommene “Weidgerechtigkeit”, die etwa nur den riskanten Schuss auf fliegende Wildhühner, Tauben und Enten erlaubt, das Erlegen laufender Fasanen oder schwimmender Enten aber verbietet, ist mit diesem Grundsatz nicht vereinbar. Unser Leitgedanke des Tierschutzes führt folgerichtig zur Ablehnung der Fallenjagd, die auch mit Lebendfallen den Tieren massiven Stress und damit vermeidbare Schmerzen zufügt. Hermeline in Kastenfallen sterben nach wenigen Stunden. Einfach nur, weil sie eingesperrt sind.

 

Gegen den Abschuss von Haustieren

Hütehund / Copyright ÖJV

Der ÖJV Hessen kritisiert den unnötigen Abschuss von Katzen und Hunden durch Jäger. Die angebliche Gefährdung der Vogelwelt durch Hauskatzen wird immer wieder als Motiv vorgeschoben, konnte aber von keiner wissenschaftlichen Untersuchung belegt werden. Auch Hunde werden oft voreilig wegen Wilderei getötet, ohne dass zuvor „mildere Mittel“ versucht wurden. Etwa durch ein Gespräch mit dem Hundehalter oder eine Anzeige wegen Jagdstörung.

Im Jagdjahr 2015/16 wurden in Hessen 364 Katzen und 3 Hunde liquidiert. 2014/15 waren es sogar 421 Katzen und 11 Hunde. Die Dunkelziffer dürfte höher sein.

Der § 32 (2) des Hessischen Jagdgesetzes erlaubt Jagdausübungsberechtigen

„Hunde, die im Jagdbezirk außerhalb der Einwirkung von Begleitpersonen Wild nachstellen, und Katzen, die in einer Entfernung von mehr als 500 Meter, im Zeitraum vom 1. März bis 31. August in einer Entfernung von mehr als 300 Meter von der nächsten Ansiedlung jagend angetroffen werden, zu töten. Die Tötung muss unterbleiben, wenn andere Maßnahmen ausreichen, um die Gefahr abzuwehren, die von dem Hund oder der Katze ausgeht.“

Doch gerade bei Hunden unterbleibt oft der Versuch, die streunenden Tiere mit anderen Maßnahmen als den Abschuss aus dem Jagdrevier zu bekommen. Die Mitgliederversammlung des ÖJV Hessen 2017 forderte daher eine tierschutzgerechte Änderung der geltenden Regelungen. Der Beschluss im Wortlaut:

„Der ÖJV Hessen lehnt den Abschuss von Hauskatzen ab, da deren angeblich gravierender Einfluss auf die Fauna nicht nachgewiesen ist.
Der Abschuss wildernder Hunde ist nur gerechtfertigt, wenn

  • das Tier mehrfach beim Wildern angetroffen wurde
  • mildere Mittel, wie etwa Ermahnung und Anzeige des Halters, nicht zielführend waren oder der Halter nicht zu ermitteln ist
Ein Abschuss ist nur nach konkreter Einzelfallprüfung zulässig. Das mehrfache Wildern eines bestimmten Hundes muss bei der Jagdbehörde gemeldet werden. Die Meldung begründet den Antrag auf Erlegung dieses bestimmten Tieres, dem die Behörde nach Prüfung des Sachverhalts stattgeben kann.“

Die „Prüfung des Sachverhalts“ meint hier nicht, dass der Jäger einen gerichtsfesten Beweis der Wilderei eines Hundes erbringen muss. Es reicht aus, wenn nachgewiesen wird, dass der Halter zuvor angezeigt wurde. Diese Regelung wird nur umzusetzen sein, wenn die Unteren Jagdbehörden personell besser ausgestattet werden. Das wäre ohnehin sinnvoll, weil dann auch Kirrungen und Fallen häufiger kontrolliert werden könnten.

 

Für ein anderes Jagdgesetz

Copyright ÖJV

Die Novellierung des Hessischen Jagdgesetzes im Juni 2011 war keine grundlegende Reform, sondern nur eine kosmetische Korrektur. Die zentralen Bestimmungen des Bundesjagdgesetzes (BJG) und seiner hessischen Variante müssen nach wie vor “entrümpelt” und an die Erfordernisse einer zeitgemäßen Jagd angepasst werden. So gehören auf die Liste jagdbarer Arten nur Tiere, deren Bejagung wildbiologisch zu begründen ist. Praxisnah wäre auch, dass sie bei uns überhaupt anzutreffen sind.

Es wirkt „ wie aus der Zeit gefallen“, wenn in Hessen daran festgehalten wird, „Wisent, Elchwild, Steinwild, Gamswild, Schneehase, Murmeltier, Wildkatze, Luchs, Fischotter, Seehund, Wachtel, Auer-, Birk- und Rackelwild, Haselwild, Alpenschneehuhn, Säger, Haubentaucher, Großtrappe, Graureiher, Greife, Falken (und) Kolkrabe“ als jagdbare Arten einzustufen. Der skurrile Zusatz „mit ganzjähriger Schonzeit“ stellt klar, dass der Jäger de facto „den Finger gerade zu lassen hat“. Offenbar gibt es in Hessen Jäger mit politischem Einfluss, die allen Ernstes darauf hoffen, irgendwann in ferner Zukunft zwischen Neckar und Weser wieder Wisent, Elch und Auerhahn bejagen zu können. Oder wenigstens Murmeltier und Seehund. Dann stünden die ja schon mal unter Jagdrecht.

Skurrile Widersprüche

Auch an anderer Stelle entbehren hessische Vorschriften jedweder Logik. So ist die Erlegung eines Wildschweines an der Lockfütterung (Kirrung) erlaubt, eines Rehes an der Futtertraufe aber nicht. Der Nachtansitz auf Sauen und Rotwild ist übliche Praxis, die Nachtjagd auf Rehwild aber illegal.

Kompetente Vorschläge ignoriert

Bereits 2010 hat das Bundesamt für Naturschutz in einem profunden Gutachten auf die Dringlichkeit zeitgemäßer Jagdgesetze hingewiesen. Eine zentrale Forderung ist dort, die Rechte der Grundeigentümer als Inhaber des Jagdrechts zu stärken. Zum Beispiel dadurch, dass die Pachtzeiten variabel festgelegt werden können. Nur so könne eine unzureichende Bejagung durch Revierpächter frühzeitig korrigiert oder eben auch beendet werden. Die tradierte Festlegung von Abschussplänen für das Rehwild müsse durch einen Mindestabschuss ersetzt werden. Limitierte Zielvorgaben hätten sich als praxisfremd erwiesen. Auf die Höhe des Mindestabschusses müsse der Grundeigentümer/Jagdrechtsinhaber entscheidenden Einfluss haben.

Bei der Novellierung des Hessischen Jagdgesetzes (2011) standen diese Vorschläge gar nicht erst zur Debatte. Die konservative Landtagsmehrheit betonierte den Status quo.