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Hessen: „Wildkameras“ im Jagdrevier illegal

Luchs Copyright Julia Hy-Keller Fotofallen, auch „Wildkameras“ genannt, sind in Hessen nur noch für die Forschung zulässig. Der private Einsatz zur Wildbeobachtung im Revier ist verboten. Diese neue Regelung hat das Umwelt-ministerium Ende November veröffentlicht. Die selbstauslösenden Kameras waren in den letzten Jahren so billig geworden, dass sie Jäger immer häufiger an die Kirrplätze und Suhlen hingen. Die biologische Feldforschung nutzt diesen Kameratyp schon lange für das Monitoring von Wildtieren. Etwa das hessische Luchsprojekt, das Fotofallen in Nordhessen und im Taunus in Betrieb hat.

Nur diesen Forschungsprojekten räumt der hessische Datenschutzbeauftragte ein Ausnahmerecht rein. Alle privaten Kameras verstießen gegen den Datenschutz. Der Wald, so wird argumentiert, sei öffentlich zugänglicher Raum. Der Bürger habe das Recht, dort unkontrolliert unterwegs zu sein. 

Merkblatt mit neuen Regelungen

Mittlerweile gibt es eine Absprache zwischen Hessens Umweltministerium und dem hessischen Datenschutzbeauftragten, die in ein amtliches „Merkblatt“ gemündet ist. Diese neue Regelung wurde am 23.11.2012 den Jagd- und Naturschutzverbänden zugestellt.
Wie zu erwarten, ist die wissenschaftliche Feldforschung mit Fotofallen weiterhin legal. Sie muss allerdings datenschutzrechtliche Auflagen beachten. Voraussetzung ist die Beauftragung durch eine Behörde. Der Auftraggeber muss Zweck, Dauer und örtliche Begrenzung eines Kamera-Monitorings beschreiben und „zu seinen Akten nehmen“. Damit gilt ein Fotofallen-Projekt als genehmigt. Auflage wird sein, dass unbeabsichtigte Aufnahmen von Personen, die sich beim Monitoring ergeben, umgehend gelöscht werden müssen. Außerdem sollen an den Zugängen zu einem Monitoring-Areal entsprechende Hinweise angebracht werden. Der Fotofallen-Einsatz des hessischen Luchsprojekts (AK Hessenluchs) basiert auf einem Vertrag mit dem Umweltministerium. Er erfüllt damit die Voraussetzungen des „Merkblatts“.

Private „Wildkameras“ sind illegal

Die selbstauslösenden „Wildkameras“ von Jägern gelten generell als Verstoß gegen das Datenschutzgesetz. Sie sind daher illegal. Laut Datenschutzbehörde ist das Recht der Waldbesucher, unbeobachtet unterwegs sein zu können, grundsätzlich höher zu bewerten, als der Wunsch eines Jagdpächters, das Wild in seinem Revier abzulichten. Dass Schwarzwild an einer Kirrung war, könne auch ohne Kameraeinsatz festgestellt werden. Selbst der Zeitpunkt sei mit einer herkömmlichen „Wilduhr“ zu ermitteln. Das Ministerium teilt offenbar diese Einschätzung.

Anders der LJV Hessen, der diese Sichtweise „rechtsirrig“ nennt. Die Traditionsjäger meinen, dass eine Kamera an einer Kirrung „zumindest im weitesten Sinne zur Jagdausübung gehört“ (Hessenjäger 10/2012, S.6). Zudem sei zweifelhaft, dass die jagdlichen Kameras abseits der Wege, im Unterholz der Wälder, überhaupt im „öffentlichen Raum“ installiert seien. Daher greife das Bundesdatenschutzgesetz hier nicht. In einem Interview mit dem HR-Fernsehen ließ der LJV-Vizepräsident allerdings offen, ob sein Verband gegen das Verbot klagen werde. Man müsse zunächst den genauen Wortlaut der Vereinbarung kennen.

Die Position der Traditionsjäger ist zumindest originell. Träfe sie zu, dann zerfiele der hessische Wald in öffentliche Wege und private Dickungen, die der Spaziergänger nur auf eigenes Risiko betreten darf. Eine Rechtsauffassung, die vor Gericht kaum Bestand haben dürfte.

Der anrüchige Hintergrund

Auslöser der Kamera-Debatte waren zwei Vorfälle, bei denen der Datenschutz unbestreitbar auf der Strecke blieb. So wurde in Kärnten der Seitensprung eines prominenten Politikers von einer „Wildkamera“ dokumentiert. Der Jäger erkannte den kopulierenden Herrn und gab einige Schnappschüsse an die Boulevardpresse weiter. Im zweiten Fall urinierte ein Taunusjäger auf die Kirrung des verfeindeten Reviernachbarn und wurde dabei von dessen Wildkamera abgelichtet. Die Fotos wurden dann an Jägerstammtischen rumgereicht, um zu belegen, was das „für ein Sauhund“ sei. Zwei klare Verstöße, die aber für den praktischen Einsatz von sensorgesteuerten Kameras untypisch sind. Sie zeigen gewöhnlich ja nur dem Jäger, wie die Schwarzwildrotten strukturiert sind, die seine Maisspenden annehmen. Allerdings meist so spät in der Nacht, dass er dann bereits wieder im häuslichen Schlafzimmer schnarcht. Er will halt sehen, wie stark der Keiler war, den er mal wieder verpasst hat.

M.Thionville / 24.11.2012

Link

Merkblatt zum datenschutzkonformen Betrieb von Tierbeobachtungskameras im Natur- und Artenschutz (PDF)